Konzertpädagogik — Sinfonik für Kindergärten

Viele Kinder und ein Pferd
im Mozartsaal

18. November 2021 von Karoline Leibfried

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Endlich konnte wieder ein Konzert von Sinfonik für Kindergärten in der Alten Oper stattfinden. Die kleinen Gäste wurden dabei bestens unterhalten, und lernten gleichzeitig auch viel Neues kennen.

Dienstagmorgen, 8:45 Uhr. Nach und nach versammeln sich immer mehr Kindergruppen, begleitet von ihren Erzieherinnen und Erziehern und mit gelben Warnwesten bekleidet, auf dem Opernplatz. Unter der ein oder anderen leuchtenden Weste lugt ein Teil eines besonders schicken Kleidungsstücks hervor. Viele Kinder haben sich in Schale geworfen, denn heute besuchen sie ein Konzert in der Alten Oper. Im Mozartsaal wird ein Orchester spielen - nur für sie.

Der grau-kalte Morgen kann der fröhlichen Stimmung an diesem Tag im Frühherbst keinen Abbruch tun: Aufgeregtes Geschnatter erfüllt die kühle Morgenluft, vielen kleinen Gesichtern ist die Spannung deutlich anzusehen. In den Händen halten die Kinder etwas Selbstgebasteltes, das später an diesem Vormittag noch eine wichtige Rolle spielen wird.

Kindgerechte Mitmachkonzerte

Endlich heißt es: Einlass. Geordnet und ruhig laufen die Kindergruppen nacheinander in die Alte Oper hinein. Im Mozartsaal nehmen sie paarweise im Schachbrettmuster Platz, mit Abständen zwischen den Paaren. Dann tritt das Orchester auf die Bühne. Christoph Gotthardt tritt nach vorne und begrüßt die Kinder. Gotthardt ist für die Durchführung des Projekts Sinfonik für Kindergärten verantwortlich, das in Zusammenarbeit mit Kita Frankfurt und dem Hessischen Kultusministerium realisiert wird. Sinfonik für Kindergärten markiert den biografischen Einstieg in eine ganze Reihe verschiedener Projekte zur musikalischen Bildung der Stiftung Polytechnische Gesellschaft.

"Unser letztes Konzert in der Alten Oper fand vor der Corona-Pandemie statt - toll, dass wir heute wieder im schönsten Saal der Stadt sein können", sagt Gotthardt, und fährt fort: "Statt eines Begrüßungsliedes summen wir heute gemeinsam eine Melodie. Könnt ihr das, Summen?" Aus den Publikumsreihen erschallt ein lautes, kollektives: "Jaaaaa!"

Zu der Melodie von "Bruder Jakob" singt Christoph Gotthardt abschnittsweise einen kurzen Text, die Kinder summen danach Zeile für Zeile die Melodie nach:

»Guten Morgen, guten Morgen
zum Konzert, zum Konzert.
Musik für kleine Leute, Musik für kleine Leute.
Wir sind da, wir sind da.«
Begrüßungsmelodie der Sinfonik für Kindergärten

"Heute geht es nicht nur um Musik, sondern auch um ein Pferd", erklärt Gotthardt nach dem Einstiegslied. Er deutet auf die Bühne, und da steht tatsächlich eins. Zwar nicht aus Fleisch und Blut, dafür aber fast lebensgroß. "Ihr habt ja auch alle ein Pferd dabei und den Pferdetrab im Kindergarten schon fleißig geübt, richtig?" Die Kinder stimmen zu und halten ihre selbstgebastelten Papp-Klappkarten in die Luft, auf denen ebenfalls ein Pferd zu sehen ist. Das Orchester gibt einen Rhythmus vor, und die Kinder trappeln mit ihren Fingern auf der Pappe ihrer mitgebrachten Bastelarbeiten herum: Das Galoppgeräusch einer ganzen Pferdeherde erfüllt den Saal.

Ein Pferd im Konzertsaal

"Heute erzählen wir beim Konzert die Geschichte eines ganz besonderen Pferdes", stimmt Gotthardt die Kinder auf das Kommende ein. Doch bevor es soweit ist, erklärt der Musikpädagoge den Kindern noch etwas zu den Instrumenten auf der Bühne. "Wie ihr seht, haben wir hier sehr viele verschiedene Instrumente: Es gibt kleine, große und sehr große", und deutet auf den Kontrabass. "Boah", hört man überdeutlich eine einzelne staunende Kinderstimme aus den Publikumsreihen heraus. "Je größer ein Instrument ist, desto tiefer spielt es", kommt Gotthardt zum Schluss, was die Musikerinnen und Musiker gerne demonstrieren. Die Kinder lernen an diesem Vormittag noch mehr, etwa dass man mit einer Geige ein Pferdewiehern täuschend echt nachahmen kann, oder dass Teile des Bogens der Streichinstrumente sogar aus Pferdehaar gemacht sind.

Musik zum Hören und Anfassen

Nach dieser kurzen Einführung in die Welt der Instrumente verdunkelt sich der Saal, und die Geschichte von "Liten Hest" beginnt, einem kleinen Pferd, das in Norwegen nahe an der Grenze zu Schweden lebt. Gotthardt erzählt, dass es anders aussah als die übrigen Pferde seiner Herde: Es war etwas kleiner, heller und auch etwas stämmiger. Manchmal war Liten deshalb etwas traurig. Doch dann findet er heraus, dass er von der Pferdeherde adoptiert wurde, weil er als Fohlen bei einem Sturm von seinen Eltern getrennt worden war. Diese finden Liten schließlich wieder, und er erfährt, dass er ein Fjordpferd ist, weshalb er auch anders aussieht als der Rest seiner Adoptivherde.

Immer wieder unterbricht Gotthardt seine Erzählung, sodass das Orchester die wechselnde Stimmung des Pferdes in der Geschichte - mal fröhlich und schnell im Wind laufend, mal traurig mit hängendem Kopf - musikalisch inszenieren und begleiten kann. Die Kinder werden immer wieder mit einbezogen, indem Gotthardt sie dazu ermuntert, Litens wehende Mähne im Wind zum Takt der Musik nachzuahmen, indem sie ihre Hände heben und hin und her bewegen. Zu den Passagen der Geschichte, an denen Liten galoppiert, trappeln die kleinen Operngäste begleitend zur Musik mit den Fingern auf ihren gebastelten Papppferden. Und wenn Liten traurig ist, streicheln sie ihre Papppferde.

Kleiner Applaus ganz groß

Gespielt wird die vollständige Holberg-Suite op. 40 für Streichorchester von Edvard Grieg, eine fünfsätzige Musik im alten Stil, die passgenau mit der von Christoph Gotthardt eigens für das Konzert erfundenen Geschichte von Liten Hest verbunden wurde. Der Bezug von Worten und Klängen ist dabei so abgestimmt, dass sie wechselseitig verstärkt und als Gesamteindruck eindrucksvoll in die Wahrnehmung der Kinder kommen können.

Auf diese Weise vergehen die 45 Minuten der Aufführung wie im Fluge. Am Ende applaudieren die Kinder den Musikern des Philharmonischen Orchesters Frankfurt, dessen Konzertmeister Vlado Brunner und dem Leiter Christoph Gotthardt. Diesen Tag im Mozartsaal der Alten Oper werden sie sicher nicht so schnell vergessen - und das nicht nur, weil ein Pferd auf der Bühne stand.

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